Rezensionen


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COVER SO WAS VON DA
 

So was von da

Tino Hanekamp

Es ist Silvester und auf dem Kiez in St. Pauli beginnt die irrste Nacht des Jahres. Nur Oskar Wrobel würde lieber liegen bleiben. Geht aber nicht. Weil ihm gleich sein Leben um die Ohren fliegt. Er betreibt einen Musikclub am Ende der Reeperbahn. Seine Freunde sind seltsam, aber großartig, sein Leben ein Fest. Aber jetzt, während in den Straßen von St. Pauli die Böller explodieren, laufen die Vorbereitungen für die große Abrissparty. Denn Oskar hat Schulden und keine Ahnung, was aus ihm werden soll. Zum Glück bleibt ihm kaum Zeit, darüber nachzudenken, denn ein verzweifelter Ex-Zuhälter stürmt seine Wohnung, sein bester Freund zerbricht am Ruhm, die lebenslustige Nina malt alles schwarz an, im Club geht’s drunter und drüber, und dann sind da noch der tote Elvis, die Innensenatorin und – Mathilda, Mathilda, Mathilda.

Verlag: KiWi
 

LOGO ANNA 3/5


In einem Satz: »Anstrengendes Gedankendurcheinander eines selbsternannten Helden frei jeder Selbsterkenntnis erfordert Lesedisziplin.«



Am letzten Tag des Jahres finden zahlreiche Krisen im Leben von Musikclubbetreiber Oskar Wrobel ihren Höhepunkt. Der Erzähler übertreibt und überspitzt jede Kleinigkeit und bemüht sich redlich, in jeder Situation "cool" zu bleiben. Ob man diesen Stil mag, hängt im Wesentlichen davon ab, ob man den Protagonisten und seine Gedankengänge auch tatsächlich cool findet. Wer ihn für einen verwirrten Proleten hält, wir das Buch kaum zu Ende bringen, wer in ihm einen Seelenverwandten erkennt, wird das Buch lieben. Ich persönlich kann ihn nicht leiden, und die Erkenntnisse, die er in einem doch nicht ganz unbewegten Leben bislang gewonnen hat, fänden Platz auf einer Haftnotiz. Lernen kann man hier nichts. Das Buch macht Spaß, wenn man sich auf den Trip einlassen kann, und enttäuscht, wenn man zu viel intellektuellen Tiefgang erwartet. Weil ich auch einen hohen Unterhaltungswert als literarische Qualität betrachte und überzeugt davon bin, dass viele diesen Roman regelrecht verschlingen werden, möchte ich So was von da mit drei Punkten bewerten.
Während des Lesens habe ich mich gefragt, ob der Autor die Gedankenwelt des Protagonisten mit Absicht auf so übertriebene Weise zu Papier gebracht hat, oder ob hier gewissermaßen der Autor spricht. Jeder Leser und jede Leserin muss für sich entscheiden, aber vielleicht spielt das ja auch gar keine Rolle.
Fazit: Nichts für mich, für manche dürfte es ein Volltreffer sein.



LOGO FINN 3/5


In einem Satz: »Keine Literatur, bietet aber Einblicke in eine Szene im Wandel, die es so vielleicht schon gar nicht mehr gibt.«



Für Klubbetreiber Oskar Wrobel ist der letztes Tag des Jahres alles andere als langweilig, Probleme und skurrile Figuren aller Art machen es dem Protagonisten und Erzähler nicht leicht, das neue Jahr überhaupt zu erreichen, geschweige denn gut in selbiges zu starten. Irgendwie wurstelt er sich durch, und man ahnt, dass sein Leben schon immer so war, und dass es auch so beiben wird. Nach dreihundert Seiten bleibt also alles beim Alten? Weshalb sollte man das Buch dann überhaupt lesen? Wie so oft lautet die Antwort auch hier, die Reise ist das Ziel, und das bringt mich zum Kern meiner Rezension. Ob man dieses Buch gerne liest oder es kaum schafft, sich bis zum Ende durchzukämpfen, hängt davon ab, ob man in der Lage ist, sich auf den erst verkaterten und später verwirrt angeheiterten Gedankenfluss von Oskar einzulassen. Am besten klappt es wahrscheinlich, wenn man selbst nicht ganz nüchtern ist. Ebenfalls hilfreich dürfte es sein, der linksautonomen Szene nahezustehen. Wer eher bürgerliche Werte schätzt, wird sich zu oft ärgern, um dieses Buch genießen zu können, und auch die Geschwätzigkeit des Erzählers dürfte die Geduld des einen oder anderen auf die Probe stellen.
Abgesehen vom eigentlichen Wert als Text hat So was von da meiner Meinung nach auch eine Daseinsberechtigung als Zeitzeuge, die über literarische Aspekte hinausgeht. Die Erzählung wirkt über weite Strecken so echt, dass man sich mitunter fragt, ob sie tatsächlich ein begabter, nüchtern am Schreibtisch sitzender Schriftsteller zu Papier gebracht hat, oder ob das Manuskript nicht vielleicht doch irgendwo in einer Ecke der roten Flora gefunden wurde. Ich glaube, dass die Szene, in die uns dieser Roman mitnimmt, im Wandel ist und schon heute, nur dreizehn Jahre nach Erscheinen dieses Buches, so vielleicht schon gar nicht mehr existiert.
Hamburger Straßen und Orten kommen viele vor, aber die Stadt bleibt Kulisse.
Fazit: Für die meisten leider keine Leseempfehlung, aber für Leser und Leserinnen mit Kiezwurzeln und nostalgischen Neigungen könnte das Buch durchaus einen zweiten Blick wert sein.



LOGO ELIN 2/5


In einem Satz: »Langweiliger Bericht eines Möchtegernhelden über seine ganz großen Abenteuer auf dem Kiez.«



Wer in Hamburg auch mal abtanzen will, fragt sich früher oder später, wie es bloß möglich ist, dass es in einer so großen Stadt so viele deprimierende Partys gibt. Könnte da nicht mal jemand mit Stil etwas auf die Beine stellen, das zu besuchen es sich lohnt? Die Antwort auf diese Frage findet man vielleicht in diesem Buch. Wie es scheint, ist die Szene in der Hand älterer Herren, die sich für cooler halten, als sie wirklich sind. Ihr ahnt schon, ich habe keinen Zugang zu diesem Buch gefunden. Der Protagonist heißt Oskar und würde sich daran stoßen, dass ich ihn Protagonist und nicht Held nenne. Sein Geschwafel ging mir schon nach wenigen Seiten auf die Nerven, und so ab dem ersten Viertel hat mich der Gedanke, weiterzulesen zu müssen, regelrecht beelendet. Weshalb sollte ich mich für diese Pappnase und seine ach so wichtigen Abenteuer auf dem Kiez interessieren? Der Mann hat weder Unterhaltungswert noch Humor, und Erkenntnisse hat er auch keine zu bieten. Wo findet man sich, wenn man die erste Hälfte seine Lebens verschwendet hat, sich aber dennoch für den Größten hält? Am Anfang dieses Buches.
Zugute halten will ich dem Buch, dass der Erzähler nicht gänzlich frei von Selbstironie ist, und im Gegensatz zu vielen Büchern wirkt diese in So was von da meist nicht aufgesetzt. Ich könnte mir vorstellen, dass der Autor um einiges klüger ist, als die überspitzten, klischeehaften Figuren dieses Romans vermuten lassen.
Ich kann mit dem Buch nichts anfangen, aber es fällt mir nicht schwer zu glauben, dass es Menschen gibt, die diesen Roman lieben. Irgendjemand besucht ja auch all die lahmen Partys auf dem Kiez.
Fazit: Ein Buch für coole Männer über vierzig, die auf dem Kiez eine ganz große Nummer sind, oder sich zumindest dafür halten.



LOGO MAJA 2/5


In einem Satz: »Langatmige Erzählung eines uninteressanten Menschen, die Alkoholismus, Drogen und Oberflächlichkeit zelebriert, als ob das Leben nicht viel mehr zu bieten hätte.«


Ich weiß nicht, was ich zu diesem Roman schreiben soll. Eigentlich müsste er mir gefallen, denn ich liebe gebrochene Helden, doch Oskar Wrobel, Protagonist und Klubbetreiber, geht mir so richtig auf die Nerven. Vielleicht liegt es daran, dass ich eine junge Frau und somit ganz einfach nicht das Zielpublikum dieses Romans bin. Ein bestimmter Typ älterer Männer kann einem das Nachtleben in Hamburg ziemlich vermiesen, und genau diese Gruppe ist es wohl, so vermute ich, die all die guten Rezensionen über So was von da geschrieben hat. Es gibt Menschen, die den Kapitalismus kritisieren, während sie ihr leeres, hedonistisches Leben zugleich mit dumpfem Konsum der niedersten Art füllen und sich dabei auch noch überlegen fühlen. Solchen Menschen begegnet man in diesem Buch, und deshalb muss ich es diesmal kurz machen, denn ich will Oskar und seine Welt so rasch wie möglich vergessen. Ich finde So was von da unterirdisch oberflächlich und tröste mich mit dem unausstehlich anmaßenden Gedanken, dass meine Generation höhere Ansprüche an sich und das Leben stellt und vereinzelt vielleicht sogar zu erfüllen vermag.
Fazit: Dieser Roman hat Menschen, die sich für Literatur interessieren, nichts zu bieten, und wüsste man nicht, dass das Buch erst 2011 erschienen ist, würde man es für fünfzig Jahre alt halten.