
 
Taxi
Karen Duve
In ihrem neuen Job wird Alex – halb wider Willen – von einer Kollegenclique aufgesogen, die aus abgebrochenen Studenten, gescheiterten Künstlern, misanthropischen Gar-nicht-Akademikern und frauenfeindlichen Verklemmten besteht – bis sie Marco trifft, einen extrem kleingewachsenen, aber umso bestimmter agierenden jungen Mann ...Verlag: KiWi
 
In einem Satz: »Aufschlussreicher Blick in das Leben einer jungen Hamburgerin in einer Zeit vor Uber und Internet.«
In Taxi schildert die Mittzwanzigerin Alexandra Herwig, was sie in ihrer Zeit als Taxifahrerin in Hamburg in den Achtzigerjahren erlebt hat. Die Autorin saß in dieser Zeit selbst am Steuer eines Hamburgers Taxis, und das ist wohl auch der Grund dafür, dass dieses Buch sich so authentisch anfühlt. Etwas richtig Spektakuläres passiert in diesem Roman nicht, abgesehen vielleicht vom Ende, aber das soll weder verraten werden, noch halte ich es für bedeutsam. Alex mag Primaten, und im letzten Kapitel findet ein solcher tatsächlich seinen Weg in das Leben der Protagonistin, aber diese Episode dient meiner Meinung nach bloß dazu, die Geschichte ein bisschen bunter zu machen, Alexandras Leben hätte auch auf andere Weise in die Richtung gelenkt werden können, in die es sich schließlich entwickelt. Ob sie das Glück finden wird, dem sie so lange nachgespürt hat, erfahren wir nicht.
Die ganz große Stärke dieses Buches ist seine Authentizität. Alles fühlt sich real und echt an, man spürt richtig den Schmutz, die Gerüche, die Kälte, die das Leben der Protagnistin prägen. Das macht die Lektüre insgesamt wenig erbaulich. Wer ohnehin schon deprimiert ist, sollte wahrscheinlich etwas anderes lesen, auch wenn es in Taxi durchaus auch mal etwas zu lachen gibt. Alex mangelt es nicht an Selbstironie, und ihre lakonischen Sprüche sorgen immer wieder für ein Schmunzeln. Ingesamt prägt aber doch ein Gefühl von Gefangensein und Hoffnungslosigkeit das Buch, und das wird nicht allen gefallen.
Fazit: Ein durchaus auch unterhaltsames, unheimlich authentisches Buch über eine Zeit, in der viele von uns noch nicht geboren waren. Meinen Horizont hat es erweitert, und ich würde es weiterempfehlen.


In einem Satz: »Packender Bericht einer jungen Hamburger Taxifahrerin aus einer Zeit, die viele nur noch aus Film und Fernsehen kennen.«
Taxi ist 2008 erschienen, spielt jedoch in den Achtzigerjahren, die ich nur aus Filmen und alten Fernsehserien kenne. Geraucht wird immer und überall, und bezahlt werden Zigaretten und Taxifahrten mit D-Mark in bar. Das alles fühlt sich unheimlich echt an, was zweifellos daran liegt, dass die Autorin zu eben dieser Zeit selbst viele Jahre in Hamburg als Taxifahrerin gearbeitet hat. Eine alte Binsenweisheit für Autoren lautet, über Dinge zu schreiben, die man kennt. Dass da wohl etwas dran sein könnte, beweist Taxi auf eindrückliche Weise. Die Protagonistin und ihre Fahrten durch die nächtliche Stadt wirken unheimlich authentisch.
Hamburg macht in Taxi nicht nur durch Straßennamen auf sich aufmerksam, der Kiez und seine Figuren und Schatten prägen die Stimmung mehr als wohl so manchem Leser und so mancher Leserin lieb sein dürfte. Dieser Roman verklärt die Stadt nicht, er ist weder rührselig noch hoffnungsvoll, und ein glückliches Ende gibt es auch nicht. Dennoch kommt auch Humor vor, und nicht zu knapp. Immer wieder gelingt es der Autorin, ihrer Protagonistin lakonische Sprüche in den Mund zu legen, die oft so richtig sitzen. Wenn Alex, die sich selbst für ärgerlich willenlos, faul und unentschlossen hält, sich darüber aufregt, wie wenig Frauen in den letzten dreitausend Jahren in Sachen Selbstbefreiung erreicht haben, kann man einfach nur kopfschüttelnd lachen, das ist Ironie in Vollkommenheit, und dieser besondere Spruch ist auch noch urkomisch formuliert. Das bringt mich zu einem Thema, das in diesem Buch eine ziemlich große Rolle spielt, die Geschlechterfrage, und damit sind hier Mann und Frau gemeint. Alex und auch ein männlicher Taxifahrer denken viel über das Thema nach, aber die Betrachtungen bleiben doch sehr einseitig. In Wahrheit sind Frauen nicht einfach die Guten, die ständig gegen ungerechte Widrigkeiten ankämpfen müssen, und Männer sind nicht einfach die Bösen, denen alles in den Schoß fällt und die nie im Gegenwind stehen. Aber dass Alex diesbezüglich ganz klar auf einer Seite steht, ist wahrscheinlich realitätsnah und vielleicht sogar Absicht.
Fazit: Ich mag die Protagonistin und ihre lakonischen Sprüche, den Schreibstil, das Gefühl, richtigehend in das Leben der Erzählerin hineingezogen zu werden, einfach alles. Auch nach dem zweiten Lesen bleibt Taxi für mich eine Leseempfehlung, nicht nur für Menschen aus Hamburg.


In einem Satz: »Nie langweilige Taxireise durch das Hamburg der Achtzigerjahre, angereichert mit den lakonischen Sprüchen einer Fahrerin, die selbst nicht genau weiß, wohin sie eigentlich will.«
Wenn man alte Filme sieht, fragt man sich oft, wie man sowas bloß jemals cool finden konnte. Ich glaube, bei diesem Buch könnte das so manchem älteren Lesern und so mancher älteren Leserin so ergehen. Die Protagonistin fährt durch unsere Straßen, und doch erscheint ihre Welt fremd und weit entfernt. Nicht alles, aber vieles hat sich verändert, und das spürt man bei der Lektüre so deutlich, dass sich das Buch gar nicht mehr wie Gegenwartsliteratur anfühlt. Es ist ein Blick in eine andere Zeit, und das ist durchaus interessant, ganz besonders, weil die Welt des Buches einfach echt wirkt. Wie ich erfahren habe, beruht es wohl auf den Erfahrungen und Erlebnissen der Autorin selbst, was den Text meiner Meinung nach noch wertvoller macht.
Am meisten mag ich an Taxi die Protagonistin. Natürlich nervt sie immer wieder mit Trägheit und zweifelhaften Entscheidungen, aber ihre unkomplizierte Art und ihr Talent für Sarkasmus und Selbstironie machen sie auch unheimlich sympathisch. Ich glaube, ich würde ihr als Fahrgast nicht allzu sehr auf die Nerven gehen.
Fazit: Ich fand das Buch unterhaltend und mitunter durchaus auch mal erheiternd, auch wenn es auf viele wohl schon ein wenig unmodern und überholt wirken dürfte. Allein als Blick in eine vergangene Zeit lohnt sich die Lektüre jedoch, und die lakonische Art der Protagonistin ist und bleibt zeitlos.


In einem Satz: »Gut geschriebener, authentischer Roman, der tiefe Einblicke in das Leben einer Hamburger Taxifahrerin in den Achtzigerjahren gewährt.«
In diesem Buch erzählt die Protagonistin Alexandra Herwig über ihre Zeit als Taxifahrerin in Hamburg von 1984 bis 1990. Alex macht Nachtschicht, und die Fahrten und Fahrgäste nehmen viel Platz ein, doch das Privatleben der jungen Frau ist ebenso wichtig. Was die Arbeit betrifft, bekommen wir zahlreiche kurze Episoden zu lesen, jeder Fahrgast bringt ein anderes kleines Abenteuer mit. In Sachen Privatleben hat die Geschichte mehr Tiefgang, wobei es im Wesentlichen um Alexandras Beziehungen zu Männern geht. Mehr will ich über den Inhalt gar nicht verraten, außer dass Alex sich sehr für Primaten interessiert, und ein ebensolcher ist es dann auch, der ihr Leben im letzten Kapitel im wahrsten Sinne des Wortes in neue Bahnen lenkt.
Ich hatte schon von Karen Duve gehört, aber noch nichts von ihr gelesen, weshalb ich ziemlich gespannt auf das Buch war. Schon nach kurzem Lesen war ich mitten in der Welt von Alex. Der Schreibstil in Umgangssprache passt sehr gut zu der Geschichte, der Text zieht einen regelrecht hinein in das Leben von Alex. Zweimal den Kopf gedreht, einmal die Nase gerümpft und schon saß ich hinter dem Lenkrad. Der Tatsache, dass die Autorin selbst in den Achtzigerjahren in Hamburg als Taxifahrerin gearbeitet hat, ist es wohl zu verdanken, dass die Erzählung dermaßen authentisch wirkt.
Hamburgs Straßen und Orte kommen in Taxi erwartungsgemäß häufig vor, und auch der Kiez durchdringt das Buch, und das bringt mich zu meiner persönlichen Erfahrung. Die Geschichte hat mich nie gelangweilt, und obwohl Alex in einer völlig anderen Zeit unterwegs ist, konnte ich rasch eine Verbindung zu ihr aufbauen. Kaum hatte sie ihren Mercedes, saß ich auch schon mit ihr im Wagen. So richtig gepackt hat mich der Roman aber nicht, und das liegt wohl daran, dass mein Leben völlig anders ist als dasjenige von Alex. Die ganze Geschlechterdynamik kommt mir fremd vor, wie aus einem alten Film. Ein weiterer Punkt ist, dass in dem Buch alles schmutzig und schmuddelig ist und stinkt, und das ist so gut beschrieben, dass der Text durchaus auch mal Ekelgefühle auslösen kann, und auch das gehörte für mich zur Leseerfahrung.
Fazit: Ich bin froh, dass ich das Buch gelesen habe, auch wenn es mich emotional nicht wirklich erreicht hat. Dennoch ist es für mich nicht nur als Zeitdokument eine Leseempfehlung.